Mer losse de Dom (un de Bagasch) in Kölle
- gaarz8
- 7. Dez. 2024
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Dez. 2024
Folge 11

Goethe nannte ihn „diese unordentliche Scheune“. Seine irdischen Statthalter lebten von „Wein, Weib und Gesang“ und vergnügten sich gleichzeitig mit bis zu zehn Mätressen. Später kamen Hexenverbrennungen und Judenverfolgungen hinzu. Alles nachzulesen in dem schmalen Bändchen „Im Schatten des Doms zu Köln“. Mit dem Kapitel „Katholische Kleriker lieben Kinder“ schließt sich darin der Bogen zum Hier und Heute.
Der diesjährige Weihnachts–Blog ist keine vergnügliche Anekdotensammlung, sondern steckt voller Häme und Verdruss. Dabei könnte sich der „Fischkopp“ als bekennender Atheist genüsslich zurücklehnen: „Hab‘ ich doch immer schon gewusst“.
Trotzdem gebe ich zu: Wenn ich vor dem grandiosen Bauwerk des Doms stehe und erst recht, wenn ich das große Eingangsportal passiert habe, überkommt mich eine innere Stille. Diese Erhabenheit, dieses Würdevolle, diese Aura – das hinterlässt Demut. Auch bei mir. Umso wütender macht mich, wenn ich den Zeitungen entnehmen muss, wie sich der derzeitige Erzbischof über irdische Anstandsregeln und Gesetze hinwegsetzt.
Übrigens, was den Dom angeht, ist mir eigentlich der 30 Kilometer entfernte Altenberger Dom lieber. Nicht nur, dass seine Bauzeit viel kürzer war – der Kölner Dom stellt mit seinen über 600 Jahren den Berliner Flughafen, die Elphi in Hamburg und die Kölner Oper weit in den Schatten. Darüber hinaus ist der Altenberger Dom ein tolerantes Gotteshaus, fachsprachlich „Simultankirche“, die sich Katholiken und Protestanten teilen. Sonntags gibt es erst einen katholischen, dann einen protestantischen Gottesdienst und umgekehrt. Der eher versteckte Dom im Bergischen strahlt eine eigene Erhabenheit aus. Außerdem lässt sich dort auf den Rundwegen – vorbei am Märchenwald und mit einer Schluss–Einkehr in der gut sortierten Dombuchhandlung – perfekt vom Alltag abschalten. Für meine Frau und mich ist das Entspannung pur … fast so schön wie eine Strandwanderung an der dänischen Nordseeküste.
Ich schweife ab. Ich wollte noch einmal auf die besondere Art des katholischen Glaubens in Köln kommen – und die Großzügigkeit, mit der über die Verfehlungen seines obersten Priesters hinweggesehen wird. Man murrt, aber seine Kirche ist immer voll.
„Et es wie et es“, so lautet dazu der Artikel 1 des Kölschen Grundgesetzes: Füge Dich in das Unabwendbare, du kannst eh nichts ändern. In Norddeutschland geht man weniger gelassen mit irdischen Verfehlungen der geistlichen Obrigkeit um. Als die höchste evangelische Würdenträgerin sternhagelvoll in Hannover bei Rot über eine Ampel bretterte, war sie schwups ihren Job los … genauer gesagt: sie ist von sich aus zurückgetreten. Denn das ist der Unterschied: Sie wusste, dass sie den Rückhalt in Ihrer Glaubensgemeinschaft verloren hatte und zog Konsequenzen. Übrigens hält sich in Journalistenkreisen hartnäckig das Gerücht, sie sei mit Altkanzler Schröder unterwegs gewesen.
„Et kütt wie et kütt.“ – Trotzdem bleibt die Domstadt – einschließlich der „Schäl sick“ – ein Ort, in dem es sich gut leben lässt. Sogar für einen Hamburger Fischkopp.



