"Drei für Vaddern" – Weihnachtliche Traditionen
- gaarz8
- 26. Nov. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Dez. 2024
Folge 2
"Früher war mehr Lametta", klagte Loriots Opa Hoppenstedt. Auch bei uns zu Hause verbarg sich der Weihnachtsbaum hinter einem dichten Vorhang der silbrigen Glitzerfäden. Das gibt es heute nicht mehr. Die letzte Lametta-Produktion wurde aus Umweltschutzgründen Ende 2015 eingestellt. Bravo, sage ich, denn allein das Herauspulen des Lamettas aus dem ausgedienten, nadellosen Tannenbaum war eine mühsame, piksende Angelegenheit.
Ein anderer Weihnachtsbrauch aus meiner Heimat scheint – glücklicherweise – nicht im Rheinland angekommen zu sein oder ist ausgestorben: der "Toast Hawaii", der bei uns in abgezählten Mengen ("drei für Vaddern") aus Dosen-Ananas, Kochschinken und überbackenem (leider meist braunverkohltem) Scheibletten-Käse gezaubert wurde und damit den Heiligabend einläutete.

In unserer hanseatischen Familie ging es dann weiter mit Schallplatten-Musik von Freddy Quinn, HansAlbers und Lale Andersen. Nach Bescherung und einem – eher kläglichen – Versuch beim Absingen von Weihnachtsliedern durften wir Kinder mit den Eltern eine Folge der damals plattdeutschen Ohnsorg-Theaterstücke mit Heidi Kabel und Henry Vahl im Fernsehen schauen ... die derb-schlüpfrigen Anspielungen in den Stücken verstanden wir natürlich (noch) nicht. Das war halt Volkstheater pur, also Pflichtprogramm. Später wurden die Ohnsorg-Stücke auf Silvester verschoben. Da gehörten sie zum''Inventar"des NDR, und damit erging es ihnen besser als den Stücken aus dem Kölner Millowitsch Theater- der WDR schmiss sie 2017 kurzerhand aus dem Programm. So viel zur Traditionspflege.
Andererseits: an eine typische Waterkant-Tradition erinnere ich mich gern und vermisse sie im Rheinland: "Gruß an Bord" – so heißt es seit 70 Jahren, wenn Seeleute auf allen Weltmeeren live am Heiligabend im NDR Eins von ihren Angehörigen persönlich gegrüßt wurden und werden. In den 50er Jahren waren auch die Brüder meiner Mutter dabei. Dann hieß es über Norddeich Radio, knisternd und voller atmosphärischen Störungen: "Wir rufen den Steuermann Hermann Gorski auf der MS Cap San Marco vor Costa Rica auf der Rückfahrt nach Hamburg ..." Er war der Jüngste der drei Brüder, und wir Kinder lauschten gebannt und reisten mit in die große, weite Welt. Diese Fernweh-Atmosphäre kann ich bis heute fast körperlich spüren – ein Stück Heimat.
"Alltiet een Hand breet Water unnert Kiel", wünsche ich zu Weihnachten allen Blog-Leserinnen und -Lesern.


